Donnerstag, 2. Januar 2014

100 Jahre Volksbad

Weil es dann zu regnen wieder aufgehört hatte, machte ich mich doch in den Keller und räumte die ganzen Kartonagen in den Bollerwagen. Mit dem völlig überladenen Wägelchen latschte ich dann vor zum Recyclinghof und entsorgte den ganzen Dreck. Unterwegs ist mir mal kurzerhand alles von der Ladefläche runter geflogen, da stapelte ich's halt wieder drauf.

Bis um 15 Uhr wurde ich sogar noch fertig, den ganzen Keller auch zu kehren. Dann hab ich sogar das aufgeweichte Brennholz aus dem Hof eimerweise in den Keller zum Trocknen geschaufelt. Die Kelleraktion ist jetzt damit für mich beendet - successfully resolved.

Ich holte das Rad aus dem Hof und krachte damit beinahe mit Jörg zusammen, der genau in dem Augenblick am Haus vorbei fuhr. Da konnten wir ja zusammen zum Volksbad fahren, aber Jörg musste noch vor dem Volksbad woanders hin und da & da und wichtig und überhaupt. Er wollte dann zum Volksbad nach kommen. Fort war er. Naja, radelte ich halt allein hin.

Über dem Volksbad hing ein schwarzes Transparent, darauf stand "80 Jahre Volksbad". Ich dachte, es wäre heute aber doch der 100. Geburtstag vom Volksbad?

Das stimmt auch, wie man hier lesen kann. Der Geburtstagswunsch an der Scheibe machte allerdings - so wie das ganze Bauwerk - einen etwas morbiden Eindruck.

Ja, ei der daus, da war ja doch der Jörg! Er quatschte aber nur kurz mit einem, den er kannte. Den ließ er dann auch gleich stehen, weil er musste noch keine-Ahnung-wohin. Auf seinem etwas fluchtartigen Weg zu dem wichtigen Ding, wo er hin musste, stoppte er noch kurz am Briefkasten vom Hemdendienst und warf dort eine offensichtlich wirklich ganz saumäßig wichtige Wurfsendung rein. Jetzt aber schnell weg, er war spät dran, und tschüß, fort war er. Mei, der Jörg wird immer chaotischer.

Die Nürnberger Häkelmafia hatte sich enorm engagiert und einen Straßenpfosten eingehäkelt, damits den nicht so friert, ist ja kalt, nä.

Auch die Türklinken hatten ein Mäntelchen übergehäkelt bekommen.

Das Volksbad ist seit 1992 geschlossen. Im Foyer hing noch eine große Tafel mit den Eintrittspreisen. Guckt mal, da steht noch "DM" drauf!

Ich seilte mich ab von den anderen und guckte auf eigene Faust durch das Gebäude.

Meine Güte, Leute! Es war 1979 als ich meine erste Wohnung hatte. Es war eine alte Bruchbude in der Raabstraße und sie hatte kein Bad. In der Küche war nur irgendwie so ein antiquiertes Waschbecken, recht klein auch noch, da konnte man sich grad bissel die Hände waschen, aber nicht mehr - insbesondere auch deswegen, weil ich da immer mein dreckiges Geschirr rein stellte, das sich dann auch mit der Zeit häufte. Drum ging ich zum Baden damals immer ins Volksbad.

Hier unten im Keller ging es zu den Duschen und Badewannen. Einmal Duschen kostete 2 DM und ein Bad kostete 3 DM. Man durfte dann eine halbe Stunde baden und dann aber gleich wieder raus, hopp hopp! Das reichte also grad so, um sich auszuziehen, reinzuhupfen, gleich das Waschen anfangen *schrubb schrubb schrubb*, grad noch die Haare bissel waschen und dann aber gleich wieder raus aus der Wanne, abtrocknen und anziehen, weil draußen auf der Bank saßen meistens schon die nächsten Leute, die warteten, dass eine Wanne frei wurde. Noch halbnass kramte ich dann immer mein ganzes Zeug schnell zusammen und kam diese Treppe hoch. Im Eingangsbereich rechts waren die Hauben zum Haare trocknen. Das kostete dann auch nochmal 20 Pfennig ... oder 50? Ich weiß nicht mehr...

Im Eingangsbereich hatten sie Kerzchen auf die Treppen gestellt. Irgendeine Soundmaschine tönte eine phrenetische Musik durch die Halle, irgendso ne trällernde Oper. Das war ja mal echt nicht zum Aushalten! Was für eine surrealistische Atmosphäre!

Ich ging gleich mal in die erste Schwimmhalle.

Hier seht ihr die Umkleidekabinen.

Nebenan ist die nächste Schwimmhalle, in der dann nach Schließung des Bades 1992 noch irgendwie so ne Disco war. Weiß nicht, ich war da nie drin, war eh so ne Schickimicki-Disse.

Wie die in der riesigen Halle voller Echo allerdings einen gescheiten Disco-Sound hingekriegt haben, ist mir schleierhaft.

An der Frontseite der Halle hängt diese seltsame Skulptur an der Wand. Ist das Chtulhu? Also das sieht ja echt irgendwie makaber aus!

Ich verdrückte mich aus der Halle und ging auf der Seite einen Treppenaufgang rauf. Da waren irgendwelche Duschen, ich fand auch die Klos, ein paar Räume mit Spints und dann kam ich auf einmal in die dritte Schwimmhalle.

Meine Güte, Leute! An dem Eck hab ich als 12jährige den Freischwimmer gemacht! Da war früher noch ein Sprungbrett und ich musste vom 1er springen. Wasserscheu wie ich war, war das ne echte Qual für mich!

Ich weiß das noch genau, so 1973 war das: Wir hatten da statt Turnen immer Schwimmen und mussten von der Peter-Vischer-Schule am Bielingplatz mit der Straßenbahn zum Plärrer fahren. Meine Straßenbahnschülerkarte ging aber bloß bis Obere Turnstraße. Meine Mama hat mir zwar immer Geld mitgegeben, dass ich für die letzte Haltestelle dann noch zahl, aber natürlich kaufte ich mir um das Geld lieber Bonbons und bin schwarz gefahren. Da hat mich doch dann tatsächlich mal so ne doofe Kontrolleurin in dieser allereinzigen Haltestelle beim Schwarzfahren erwischt, Sauerei!

Offensichtlich sollte man diese Halle gar nicht besichtigen, weiß auch nicht wie ich rein kam, allemal fand ich fast nicht mehr raus. Durch ein paar Kabinen und einem Raum mit Sicherungen (oder was das war) fand ich dann zurück ins Foyer, weil ich der phrenetischen Musik nachgehen konnte, die von dort bis hier her schallte. Über einen Tisch, der eine Tür versperrte, krabbelte ich dann wieder zum Eingangsbereich, wo auch wieder ein paar andere Leute rumstanden.

Der Klaus war nicht gekommen und auch der Jörg tauchte nicht wieder auf. Mir war kalt und gesehen hatte ich alles, also seilte ich mich ab und radelte mal lieber wieder heim hinter den Ofen.

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